Nachhaltige Landesverwaltung
Will die Landesregierung die Unternehmen, Kommunen, zivilgesellschaftliche und andere Akteure und letztendlich auch die Bürgerinnen und Bürger des Landes zu einem nachhaltigeren Handeln bewegen, muss sie selbst mit gutem Beispiel vorangehen. In diesem Sinne strebt die Landesregierung an, die nachhaltige Landesverwaltung zu fördern und das Handeln in der Landesverwaltung an Nachhaltigkeitskriterien auszurichten. Hierfür gibt es bereits einige Modellprojekte und gute Beispiele:
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV NRW) hat im Rahmen des Modellprojekts „Nachhaltige Verwaltung der Zukunft“ im Zeitraum April 2017 bis Juli 2019 ein Gesamtkonzept für ein behördliches Nachhaltigkeitsmanagement erarbeitet. Dabei wurden fünf Handlungsfelder eingehend betrachtet: Gebäude- und Liegenschaftsmanagement, Mobilität, Kantinenbetrieb, Beschaffungswesen sowie Personalentwicklung und -management. Im Anschluss an das Projekt wurde das erarbeitete Gesamtkonzept im LANUV umgesetzt und eine externe Überprüfung nach dem europäischen Umweltmanagementstandard EMAS für die Standorte Recklinghausen und Duisburg vorgenommen. Die Eintragung in das öffentliche EMAS-Register erfolgte 2021.
Das LANUV hat zudem eine Erklärung nach dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) veröffentlicht und berichtet damit als erste Einrichtung der Landesverwaltung in NRW und auch bundesweit entsprechend dieses anspruchsvollen Nachhaltigkeitsberichtsstandard.
Die Nachhaltige Landesverwaltung wird durch das LANUV mit verschiedenen Aktivitäten gefördert:
- Es gibt seine Erfahrungen fortlaufend an andere öffentliche Einrichtungen im Land weiter und berät diese bei der Umsetzung einzelner Maßnahmen zur Verbesserung der Umwelt- und Nachhaltigkeitsleistung in der Landesverwaltung.
- Es koordiniert das Netzwerk Nachhaltige Landesverwaltung NRW und den Arbeitsbereich bei NRW.connect.intern und organisiert die Vortragsreihe „Nachhaltige Verwaltung in NRW – Innovativ umsetzen“
- Es initiiert und begleitet den 1. ÖKOPROFIT®-Konvoi für Einrichtungen der Landesverwaltung NRW.
Die Kantinen in Dienststellen des Landes werden ermuntert Kriterien der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. Mit dem Pilotprojekt „NRW Kantinen Nachhaltig gestalten“, welches das LANUV gemeinsam mit dem MULNV und weiteren Fachexperten aus der Praxis im Jahr 2019 startete, steht die Optimierung der Außer-Haus-Verpflegung in Kantinen von Landesbehörden im Fokus. Durch das umfassende Qualifizierungs- und Beratungsangebot findet eine Sensibilisierung der Kantinenbetreibenden sowie der behördlichen Auftraggeber für ein nachhaltigeres und gesünderes Kantinenangebot statt.
Mit dem Runderlass „Einführung des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen bei Bauaufgaben des Landes Nordrhein-Westfalen“ sieht die Landesregierung vor, dass der Standard Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) für Neubauten und Sanierungen angewendet werden soll. Es soll mindestens der Standard Silber erreicht werden. Damit werden die Baupolitischen Ziele des Landes Nordrhein-Westfalen unterstützt. Gute Beispiele für zertifizierte Bauten in NRW finden sich in der Broschüre „Zertifizierte nachhaltige Bauten“.
Zentral für die Umsetzung des Erlasses sind unter anderem die Aktivitäten des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW (BLB NRW) sein. Der BLB hat bereits in verschiedenen Projekten Erfahrungen mit der Anwendung des BNB-Standards gesammelt, wie z. B. in verschiedenen Baumaßnahmen der RWTH Aachen. Zudem organisiert der BLB NRW seine Prozesse im Sinne der Nachhaltigkeit (https://www.blb.nrw.de/nachhaltigkeit) und berichtet dazu regelmäßig in einem Nachhaltigkeitsbericht.
Bei der Organisation von Veranstaltungen, auch von Großveranstaltungen wie dem NRW-Tag, wird die Landesverwaltung in Zukunft verstärkt Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen. Die NRW-Nachhaltigkeitstagungen werden seit 2012 nachhaltig und klimaneutral durchgeführt. Das MULNV orientiert sich dabei an dem auf Bundesebene seit Jahren angewandten Leitfaden für die nachhaltige Organisation von Veranstaltungen des Umweltbundesamts.
Die Landesregierung orientiert sich bei allen Maßnahmen zur nachhaltigen Verwaltung auch am „Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit – Nachhaltigkeit konkret im Verwaltungshandeln umsetzen“ des Bundes, welches zuletzt im Jahr 2021 vom Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung fortgeschrieben wurde.
Die Landesverwaltung NRW umfasst 558 Behörden mit 160.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 36 Hochschulen mit 150.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und verbucht einen jährlichen CO2-Austoß von 1 Million Tonnen (Stand Januar 2018).
Klimaneutrale Landesverwaltung
Komplementär zum Ansatz einer nachhaltigen Verwaltung hat sich die Landesregierung im Jahr 2015 das Ziel gesetzt, bis 2030 das Handeln der Landesverwaltung klimaneutral zu gestalten. Im Dezember 2020 hat die Landesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Klimaschutzgesetzes von 2015 vorgelegt. Darin wird das Ziel einer bilanziell klimaneutralen Landesverwaltung bis 2030 bekräftigt. Die „Geschäftsstelle Klimaneutrale Landesverwaltung NRW“ im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie begleitet die Umsetzung dieses Ziels.
Bereits im Jahr 2016 hat der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes die Versorgung der landeseigenen Liegenschaften auf Ökostrom umgestellt. Dieser Schritt spart jährlich rund 200.000 Tonnen ausgestoßenes CO2 ein. Im März 2019 hat das Landeskabinett ein Konzept zur Umsetzung von Photovoltaik auf den Landesliegenschaften beschlossen.
Nachhaltige öffentliche Beschaffung
Das Volumen der öffentlichen Beschaffung durch das Land, die Kommunen und sonstige öffentliche Auftraggeber liegt in Nordrhein-Westfalen wissenschaftlichen Studien zufolge zwischen 40 und 100 Milliarden Euro pro Jahr. Insgesamt beträgt in Deutschland der Anteil der öffentlichen Beschaffung am Bruttoinlandsprodukt rund 10 Prozent. Dieses Beschaffungsvolumen hat erheblichen Einfluss auf die Nachfrage- und Angebotssituation auf zahlreichen Güter- und Dienstleistungsmärkten und mittelbar auch auf die soziale und ökologische Situation in den Unternehmen der Bieter und ihren häufig internationalen Lieferketten. Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsgesichtspunkten in der öffentlichen Beschaffung kann daher für viele Nachhaltigkeitsthemen wie den Umwelt- und Klimaschutz, Ressourcen- und Energieeffizienz, sichere und gesundheitserhaltende/-förderliche sowie frauen- und familienfreundliche Arbeitsbedingungen, faire Handelsbeziehungen und die Förderung von nachhaltigen Innovationen wichtige Impulse setzen.
Vergabe.NRW fördert den Prozess zur nachhaltige Beschaffung in der Landesverwaltung u.a. mit einem Informationsfilm mit dem Motto „Nachhaltige Beschaffung ist das neue Normal“ und der Entwicklung eines Schulungsangebot, welches in Kooperation mit der Kompetenzstelle Nachhaltige Beschaffung des Bundes und weiteren Bundesländern umgesetzt wird.
Weiterhin findet eine Prüfung der Optimierungsmöglichkeiten des Lead Buyer-Modells auch unter Berücksichtigung von Kriterien der Innovation und Nachhaltigkeit statt. Bei dem Lead-Buyer-Modell werden für bestimmte Warengruppen der Beschaffungsbedarf der gesamten Landesverwaltung erhoben und zentral ausgeschrieben. Dies ermöglicht es, Einsparungen für den Landeshaushalt zu erzielen und die intensive Prüfung von Nachhaltigkeitsaspekten und Innovationen im Vergabeverfahren umzusetzen. Dabei werden zum Beispiel der Energieverbrauch von Produkten oder die Herkunft der verwendeten Rohstoffe berücksichtigt. Die derzeitigen Warengruppen des Lead Buyer-Konzepts umfassen u.a. Kraftfahrzeuge, Paketversand, Reisebüroleistungen, Papier und Karton, Büromaterial, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Hygienepapier, Elektroartikel und Reinigungsmittel.