14 Nov 2022

MLV NRW: Über 5.000 Lachse zurückgekehrt: Ministerin Gorißen würdigt Erfolge des Wanderfischprogramms Nordrhein-Westfalen

Jeden Herbst steigen hunderte Lachse den Rhein herauf, um in den Oberläufen der Rheinzuflüsse abzulaichen und damit die neue Lachsgeneration zu begründen – auch in Nebenflüssen wie der Sieg. Das war aber nicht immer so: Erst das Wanderfischprogramm Nordrhein-Westfalen und ein verstärkter Gewässerschutz haben dazu geführt, dass der Lachs und andere Fischarten wieder heimisch geworden sind. Beim „Lachsfest 2022“ an der Kontrollstation für Wanderfische am Siegwehr in Buisdorf hat die für Fischerei und Aquakultur zuständige Ministerin Silke Gorißen die gute Zusammenarbeit im Wanderfischprogramm und die vielen helfenden Hände von Angelvereinen, Fischereiverbänden und Behörden gewürdigt.

„Die Rückkehr der Wanderfische ist kein ‚Naturereignis‘, sondern das Ergebnis langjähriger Planung und engagierter Arbeit im Wanderfischprogramm Nordrhein-Westfalen“, so Ministerin Silke Gorißen. „Dass in Nordrhein-Westfalen Lachse zurückkehren, haben viele Stunden ehrenamtlicher Arbeit der Gewässerinitiativen möglich gemacht – sowohl an der Sieg, als auch an den Flüssen Wupper, Dhünn und Rur.“ Fester Bestandteil des Programms ist es, dass Schulklassen aus Sankt Augustin, Siegburg und Siegen Lachs-Patenschaften übernehmen und beim Lachsfest ihre Patenschaftsurkunden überreicht bekommen. Ministerin Gorißen: „Die Wiederansiedlung von Lachsen ist eine Generationenaufgabe. Darum freue ich mich besonders darüber, dass die Schülerinnen und Schüler durch Exkursionen an die Sieg und in das neue ‚Wissenshaus Wanderfische‘ mehr über das spannende Leben der Lachse und das Thema Naturschutz erfahren. Das funktioniert natürlich vor Ort noch besser als im Klassenzimmer. Mein ausdrücklicher Dank geht an die Stiftung Wasserlauf und alle weiteren Beteiligten vor Ort, die dieses tolle Patenschaftsprogramm ermöglichen.“

Aufgrund von Gewässerverschmutzung und anderen Faktoren wie Wanderhindernissen oder Überfischung war der Lachs bis in die 1990er Jahre im Rheinsystem ausgestorben. Seit Beginn des Wanderfischprogramms im Jahr 1998 sind über 5.000 Lachse nach Nordrhein-Westfalen zurückgekehrt. Die Wanderfischart Nordseeschnäpel aus der Familie der Lachsfische ist im Rahmen des Programms erfolgreich im Rhein wiederangesiedelt worden. Beim Maifisch wurden mittlerweile wieder mehrere aktive Laichplätze im Rhein entdeckt. In der Sieg wurde in diesem Jahr der erste aufsteigende Maifisch seit über 70 Jahren in der Kontrollstation nachgewiesen. Auch die Aalbestände in Nordrhein-Westfalen konnten stabilisiert werden.

Intakte und durchgängige Gewässer sind die beste Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels, denn niedrige Wasserstände im Herbst erschweren den Aufstieg der Lachse zu den Laichgebieten. Damit die heute noch vorhandenen Laichgewässer entlang des Rheins in einen so guten Zustand gebracht werden können, um ausreichend Fortpflanzungs- und Aufwuchsmöglichkeiten für die aufsteigenden Lachse anzubieten, unterstützt das Land die Wasserverbände mit Förderangeboten. Neben dem Lachs profitieren auch andere Fischarten von den Wiederansiedlungsbemühungen. Um künftig auf die Folgen des Klimawandels vorbereitet zu sein und adäquat reagieren zu können, wenn weniger Lachse zurückkehren als erwartet, sichert eine eigene Eltern-Fischhaltung mit Sieglachsrückkehrern als sogenannte „Genbank“ beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) die Besatzmaßnahmen ab.

Das Wanderfischprogramm ist ein Kooperationsprojekt des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr sowie des Fischereiverbandes Nordrhein-Westfalen. Das größte Artenschutzprojekt des Landes rund um die Fischerei ist 1998 gestartet und befindet sich aktuell in seiner fünften Projektphase (2021-2027). Die fachliche Koordination des Programms obliegt dem LANUV an seinem Fischerei-Standort in Albaum (Gemeinde Kirchhundem). „Die Angler leisten weiterhin einen aktiven Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt unter Wasser. Anspruchsvolle Zeigerarten wie Lachs, Maifisch und Aal stehen dabei stellvertretend für die gesamte Fischartengemeinschaft unserer Flüsse“, so Johannes Nüsse, Präsident des Fischereiverbands Nordrhein-Westfalen, zu dieser erfolgreichen Zusammenarbeit.

Die Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz betreiben an der Sieg im Rahmen des länderübergreifenden Wanderfischprogramms in Buisdorf, Sankt Augustin, eine gemeinsam unterhaltene Kontrollstation.

Sie ist die zentrale landeseigene Monitoring-Station für den Nachweis aufsteigender Lachse in Nordrhein-Westfalen. Auch in den anderen Rheinanlieger-Bundesländern gibt es Aktivitäten zur Wiederansiedlung der Wanderfische. Nordrhein-Westfalen ist aber das Bundesland, in dem insgesamt die meisten Lachsrückkehrer im gesamten Rheinsystem nachgewiesen wurden.
 
Hintergrund: Ehemals ausgestorbene oder selten gewordene „Wander“-Fische sollen wieder in die Europäischen Flusssysteme zurückkehren. Das ist eines der Ziele der „Wasserrahmenrichtlinie“ der Europäischen Union. Als Wanderfische bezeichnet man Fischarten, die zwischen Meer und Flüssen wechseln, umgangssprachlich: „wandern“. Dazu zählen im Rhein unter anderem der Lachs, der Maifisch, der Nordseeschnäpel, der Aal, das Fluss- und das Meerneunauge.

Lachse vermehren sich in den Oberläufen der Rheinzuflüsse, in denen klares, sauerstoffhaltiges Wasser fließt. Die erwachsenen Lachse ziehen also jährlich im Herbst die Flusssysteme hinauf, um zu laichen. Nach dem Schlupf ziehen die Jungfische nach ein bis zwei Jahren im Frühjahr in die entgegengesetzte Richtung die Flusssysteme wieder hinab ins Meer. Bis auf weiteres werden noch jährlich Junglachse, die künstlich von den zurückkehrenden Lachsen gewonnen werden, angezogen und freigesetzt, um den Bestand an wilden Lachsen im Rheinsystem zu stabilisieren. Parallel dazu werden die Durchgängigkeit der Flüsse und die Laich- und Jungfischlebensräume der Lachse im Rahmen der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie verbessert. Wenn sich die Lachsbestände entlang des Rheins nach Abschluss aller Maßnahmen weiter positiv entwickeln, wird auch der Besatz irgendwann nicht mehr notwendig sein – dann ist der ehemals ausgestorbene Lachs endgültig wieder zurückgekehrt.