Wirtschaft
Wirtschaftliches Handeln muss der Gesellschaft dienen und innerhalb der planetaren Grenzen stattfinden. Als bevölkerungsreichstes und am stärksten industriell geprägtes Bundesland wollen wir demonstrieren, wie der Wandel unserer Wirtschaft hin zu einer nachhaltigen Entwicklung gelingt.
Die Wirtschaft ist ein wichtiger Akteur, wenn es um nachhaltige Entwicklung geht. Deutschland trägt als Industrieland mit rund zwei Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen bei. Wirtschaftliche Aktivitäten gehen zumeist mit Emissionen einher, beispielsweise Luftschadstoffen, Lärm und Klimagasen. Auch Arbeitsbedingungen entsprechen nicht immer den Prinzipien der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit. Doch sollte es beim Wirtschaften gerade darum gehen, allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen. Die Aufgabe ist also, wirtschaftliches Handeln in Einklang mit den nachhaltigen Entwicklungs- und den Pariser Klimazielen zu bringen. Die Forschungsgruppe um den schwedischen Resilienzforscher Johan Rockström visualisiert dieses anschaulich anhand eines Tortendiagramms: Wirtschaftliches Handeln muss der Gesellschaft dienen und innerhalb der planetaren Grenzen stattfinden.
Deutschland und NRW stehen als Industrieland vor großen Herausforderungen. Sichtbar wird dies im angestoßenen Strukturwandel im Hinblick auf die energieintensive Industrie, das Auslaufen der Förderung fossiler Energieträger und die Transformation in den Kohleregionen in der Metropole Ruhr und im Rheinischen Revier.
Speziell die Umwelt- und Kreislaufwirtschaft leisten wertvolle Beiträge zur Nachhaltigkeitstransformation. Aber auch viele andere Wirtschaftssektoren in NRW haben sich bereits auf den Weg gemacht, den Energie- und Ressourcenverbrauch zu senken, das Klima zu schonen, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und ihre Geschäftsmodelle umfassend an Nachhaltigkeitskriterien auszurichten.
NRW ist ein bedeutender Wirtschaftsstandort mit starken Unternehmen, die auch auf globalen Märkten ganz vorne mitspielen. Es ist das Bundesland mit der stärksten Wirtschaftskraft. Um diese Position zu halten, wird es auch darauf ankommen, nachhaltige und resiliente Strukturen für die Zukunft auf- und auszubauen. Als industrielle Kernregion Deutschlands und eine der stärksten Industrieregionen Europas steht NRW hinsichtlich der andauernden und noch bevorstehenden Transformationsprozesse hin zu einer nachhaltigen Entwicklung vor gewaltigen Herausforderungen. Aber NRW befindet sich hier auf einem guten Weg: Zwischen 1990 und 2019 hat der Industriesektor in NRW es geschafft, seine jährlichen Treibhausgas-Emissionen (THG) von 94 auf 51 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente (CO2e) zu senken, gehört jedoch mit 22,5 Prozent weiterhin zu den größten Emittenten von THG-Emissionen in NRW.
Daher gilt es Geschäftsmodelle zu entwickeln, die präventiv und proaktiv Energie und Ressourcen sparen, die Umwelt schützen und die Biodiversität erhalten sowie Technologien und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel bereitstellen — und dabei in Gänze die Einhaltung aller SDGs im Blick behalten.
Nachhaltigkeit bildet die Grundlage für die Geschäftsmodelle des 21. Jahrhunderts.
Um die Attraktivität und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts NRW dauerhaft zu sichern, müssen wesentliche Standortfaktoren gewährleistet sein. Dazu zählen eine moderne und vernetzte Verkehrsinfrastruktur, eine leistungsfähige Wasserwirtschaft, der beschleunigte Ausbau der digitalen Infrastruktur, ausreichende und hochwertige Industrie- und Gewerbeflächen, eine verlässliche und wettbewerbsfähige Energieversorgung, Kreislaufwirtschaftssysteme, die den Übergang zu einer Circular Economy ermöglichen, gute steuerliche Rahmenbedingungen, ein kontinuierlicher Abbau unnötiger Bürokratie, bestens ausgebildete Fachkräfte sowie gute Wohn- und Arbeitsbedingungen. Gleichzeitig gilt es die natürliche Lebensgrundlage für Mensch, Flora und Fauna zu schützen: Der Landnutzungswandel, die Flächeninanspruchnahme durch Siedlungs- und Verkehrsflächen, der Rohstoffabbau sowie die Landschaftszerschneidung sind neben der intensiven Landnutzung mit dem Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln wesentliche Ursachen für den Biodiversitätsverlust. Optimale Rahmenbedingungen für Investitionen und Innovationen sind erforderlich, um neue Zukunftsmärkte zu besetzen, branchenübergreifend Technologieführerschaften zu erlangen und dadurch auch Ziele der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit umzusetzen. Die Politik hat hier die Aufgabe, die notwendigen Rahmenbedingungen und Anreize für eine solche Entwicklung zu setzen.
Mit der Initiative IN4climate, einer Plattform, auf der Industrie, Wissenschaft und Politik einen Raum erhalten, innovative Strategien für eine klimaneutrale Industrie zu erarbeiten, geht NRW voraus und erkundet neue Wege.
In der Umweltwirtschaft ist NRW gemessen an Wertschöpfung, Anzahl der Arbeitsplätze, angemeldeten Patenten und dem Grad der Digitalisierung bundesweit Spitzenreiter. NRW nimmt diese Querschnittsbranche als eigenständige ökonomische Größe in den Fokus. Mit der Umweltwirtschaftsstrategie hilft die Landesregierung den Unternehmen und Regionen in NRW dabei, Märkte in diesem Bereich zu erschließen. Es gibt eigene Förderaufrufe, die jährliche Auslobung des Umweltwirtschaftspreises und ein Monitoring zu den Perspektiven und Teilmärkten. Insgesamt ist eine besonders positive Entwicklung in diesem dynamisch wachsenden Bereich der Wirtschaft zu beobachten.
Für Transformationsprozesse spielen neben Unternehmen auch Startups eine wichtige Rolle. Inzwischen kommt jedes fünfte deutsche Startup aus NRW. Mit KUER.NRW werden grüne Gründungen und Startups der Zukunftsbranchen Klima, Umwelt, Energieeffizienz und Ressourcenschonung (KUER) in NRW unterstützt. Gefördert werden Innovationen für eine Green Economy am Standort NRW. Dabei werden die Gründerinnen und Gründer in allen Phasen von der Idee bis zur Markteinführung begleitet. Die Durchführung obliegt pro Ruhrgebiet e.V. und Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND) im Auftrag des Umweltministerium NRW.
Die Landschaft für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung nimmt stetig mehr Raum ein. Dabei spielen soziale Innovationen, gemeinwohlorientiertes, regionales und solidarisches Wirtschaften, Transition-Initiativen und weitere alternative Ökonomien (wie die Gemeinwohlökonomie oder die Wirtschaftsförderung 4.0) eine immer wichtigere Rolle. So zeigen und leben viele Akteurinnen und Akteure in den Kommunen und Quartieren bereits heute neue Ansätze für zukunftsfähiges Wirtschaften. Regionalität und das Produzieren vor Ort, Teilen und Tauschen, DoItYourself, UpCycling, Zero Waste, Energie- und Ressourcenschonung sowie soziale Aspekte erhalten zunehmend eine tragende Rolle. Dabei wird Wirtschaften neu gedacht: Kleidertausch-Partys oder soziale Kaufhäuser regen zur Weiterbenutzung von Kleidung statt Neukauf an. Fahrradverleihsysteme senken die Emissionen in den Städten und tragen zur Gesundheitsförderung bei. Foodsharing-Initiativen versuchen der Lebensmittelverschwendung Einhalt zu gebieten.